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Das Abendgebet am Samstag lenkt unseren Blick schon auf die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, die wir am Sonntag feiern: "Herr, bleibe bei uns in dieser Nacht; und wenn wir uns am Morgen erheben, dann lass uns in Freude der Auferstehung deines Sohnes gedenken."
Das Morgengebet am Sonntag greift diesen Gedanken wieder auf: "Wir gedenken heute der Auferstehung deines Sohnes. Lass uns diesen Tag als Tag des Dankes und der Freude feiern."
Wir erinnern uns im Kirchenjahr der Ereignisse im Leben Jesu. Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ist uns jedoch so wichtig, dass wir uns jeden Sonntag ihrer erinnern, dass wir jeden Sonntag Ostern feiern. Mit dem Sonntag setzen wir ein Denkmal unseres Glaubens an die Auferstehung Jesu Christi in den Ablauf der Zeit hinein, in unser christliches Leben und in das Leben der Kirche, aber auch in das Leben unserer Gesellschaft und des Staates.
Der Sonntag als Tag der Erinnerung an die Auferstehung Jesu ist ein Tag des Dankes und der Freude. Mit seiner Auferstehung kommt unsere eigene Auferstehung in den Blick. Unser Glaubensbekenntnis gipfelt in der frohen Hoffnung: "Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt." Am Sonntag feiern wir unsere Hoffnung. Von hierher fällt Licht in unsere Alltage hinein und erinnert uns an den Sinn unseres Lebens und an sein Ziel.
Der Sonntag bringt gleichsam einen eschatologischen Vorbehalt in den Ablauf der Zeit. Das Leben des Alltags, das uns mit seinen Notwendigkeiten und Geschäften in Beschlag nimmt, ist nicht alles und nicht das letzte. Dieses Mehr, auf das der Sonntag hinweist, wird aber nicht erst am Ende der Alltage deutlich. Der Sonntag als erster Tag der Woche, wie ihn der kirchliche Kalender kennt, spricht von vornherein eine Botschaft über Sinn und Wert des menschlichen Lebens in die Woche hinein. Der bürgerliche Kalender beginnt mit dem Montag, mit den Arbeitstagen. Ihnen folgt dann der Sonntag als Ruhetag, an dem wir uns erholen und neue Kraft schöpfen für die nächste Arbeitswoche. Aus dieser Anordnung des bürgerlichen Kalenders könnte man schließen, dass Arbeit und Leistung das Wichtigste im menschlichen Leben sei, da die Feier des Sonntags der Wiederherstellung der Arbeitskraft und der Leistungsfähigkeit dient.
Der Sonntag, den wir als ersten Tag der Woche feiern, sprengt dieses Schema. Er lässt von vornherein deutlich werden, dass der Mensch nicht von seiner Leistung her zu definieren ist. Wir dürfen uns des Lebens freuen, das Gott uns schenkt. Deshalb feiern wir den Sonntag als Tag des Dankes und der Freude.
Die Feier des Sonntags offenbart eine bestimmte Auffassung vom Menschen, von seiner Würde und von seinem Wert. Deshalb kann es auch der Gesellschaft und dem Staat nicht gleichgültig sein, ob der Sonntag als Zeichen und Zeugnis für Würde und Wert des Menschen als staatlich geschützter Tag erhalten wird oder nicht.
Weitere Impulse zum Kirchenjahr...
Text: Bischof Reinhard Lettmann (+) (aus dem Buch:
Reinhard Lettmann: Am Rande des Geheimnisses – Der Mensch und seine Gotteserfahrung
Verlag Butzon&Bercker, Kevelaer, 1996),
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben